„der (gute) Anfang ist die Hälfte vom Ganzen.“
(erweitert nach Aristoteles)
Der erste Gedanke, den dieses Zitat in mir ausgelöst hat, ist recht trivial. Der Anfang ist die halbe Miete – so oder so ähnlich heißt es ja auch oft. Es geht also einfach nur darum, anzufangen. Wer anfängt, kann stecken bleiben, kann scheitern. Wer nicht anfängt, ist schon gescheitert. Eine ungleich härtere Deutung. Aber warum ist nun der Anfang die Hälfte vom Ganzen? Anfangen könnte ja auch nur 10% vom Ganzen darstellen…?
Nun, ich möchte hier ein psychologisches bzw. neurologisches Phänomen ins Spiel bringen, nämlich das des so genannten Priming (=Anbahnung). Es handelt sich um eine spezielle Art einer so genannten kognitiven Verzerrung. Also einer Wahrnehmungsverzerrung.
Es ist ganz normal, dass sich mein Denken, Fühlen und Handeln an Wahrnehmungen und Einschätzungen bestimmter Reize ausrichtet. Wenn nun Reizen, die mich zu einem bestimmten Denken, Fühlen oder Handeln anregen, bestimmte andere Reize vorangegangen sind, dann wird hier ein Prozess der Beeinflussung „angebahnt“. Hierher kommt das Wort „Priming“.
Ein einfaches, sehr reduziertes Beispiel: Ich soll eine Aufgabe erledigen. Wenn ich einfach anfange, werde ich vielleicht Erfolg haben und meine Sache gut machen. Wenn ich aber einen bestimmten Spaßfaktor voranschicke, den Start mit einem emotional positiven Ereignis verknüpfe, das in mir Freude auslöst, Kraft freisetzt oder Ähnliches, dann findet hier ein Priming statt, und der folgende Prozess wird positiv beeinflusst. Ich werde neue Reize sehr wahrscheinlich automatisch mit einem positiveren Attribut wahrnehmen.
Der Satz „Das schaffst Du ja eh nicht“ ist übrigens auch ein Priming, nur eben ein negatives, destruktives.
Daher habe ich das Zitat von Aristoteles mit dem Wort „gute“ ergänzt. Denn wenn Du gut anfängst, dann bahnst Du im Sinne des Priming die Optimierung eines Prozesses an und steigerst Deine Aussicht auf Erfolg oder Wohlbefinden, etc. Daher ist ein guter Anfang im Sinne des Priming die halbe Miete, also die Hälfte des Ganzen.
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