„Es muss von Herzen kommen was auf Herzen wirken soll“
(abgewandelt nach Johann Wolfgang von Goethe)
Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll. Das klingt erst einmal nach Empathie, nach Ehrlichkeit, nach guter Absicht. Denn wenn ich etwas von Herzen ehrlich meine, wird es mein Gegenüber anders erreichen, als wenn ich mir oder ihm etwas vormache.
Wir Erwachsenen haben gute Antennen dafür, wenngleich diese im Laufe des Lebens etwas verkümmert sind. Ein Grund dafür mag sein, dass wir uns mit Beginn unserer schulischen Laufbahn und der damit verbundenen Fokussierung auf logisches und analytisches Denken nicht mehr sehr intensiv mit den Feinheiten der subtilen Wahrnehmungen beschäftigen.
Zudem haben wir uns in Impulskontrolle geübt, also in der zumindest eingeschränkten Unterdrückung von spontanen Reaktionen. Wir sind diplomatischer und höflicher als Kinder, wenn man es so bezeichnen will. Wenn wir Unehrlichkeit erkennen, erhalten wir ein Gespräch vielleicht aufrecht. Ein Kind wendet sich ab. Ich persönlich finde das herrlich, denn Kinder sind fantastische Spiegel, die uns helfen, unsere Haltung und Außenwirkung immer wieder zu reflektieren.
Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll. Das gilt auch für uns Berater. Denn wenn ich nicht von Herzen ehrlich andere Menschen unterstützen wollte, sie würden es merken, und ich bräuchte diesen Weg nicht antreten.
Aber was ist mit Ihnen? Vielleicht arbeiten Sie in einem ganz anderen Bereich? Sie fragen sich vielleicht: Was hat das mit mir zu tun? Inwieweit kann ich diese „Herzenssache“ auf meinen beruflichen oder privaten Kontext übertragen?
Nun – ich behaupte mal: Sie sind in der einen oder anderen Art und Weise von Menschen umgeben. In der Familie, im Freundeskreis, unter Nachbarn, vielleicht in einem Verein, aber auch in Ihrem Team auf der Arbeit.
Auch wenn Sie nicht mit Kunden oder Klienten zu tun haben, die Sie „erreichen“ wollen oder sollen – welche Situationen gibt es, in denen Sie andere Menschen erreichen möchten? Ich vermute mal, Ihnen fallen hier spontan Situationen und Anlässe ein, vom liebevollen Geburtstaggruß innerhalb der Familie, bis zu einem kleinen Dankeschön für eine nette Geste unter Kollegen oder vielleicht auch Ihrem Chef gegenüber.
Es muss von Herzen kommen. Was bedeutet das nun genau?
Begeben wir uns auf einen kleinen Ausflug in die Neurowissenschaften, also in den Bereich der Wissenschaft, der sich mit dem Gehirn und seiner Funktionsweise beschäftigt. Sie kennen sicher die Trennung zwischen Bewusstem und Unbewusstem – oder Unterbewusstem. Ich kann etwas bewusst wahrnehmen – oder unbewusst. Unser limbisches System kann Sinneseindrücke (also beispielsweise etwas Gesehenes, ein Geräusch oder einen Geruch) innerhalb von Millisekunden mit bekannten Mustern abgleichen und einordnen in Kategorien wie beispielsweise gefährlich oder ungefährlich. Resultat sind dann entsprechende emotionale Zustände wie zum Beispiel Angst, die uns dann – eben erst als Folge dessen, bewusst werden.
Aber – was hat das mit dem heutigen Thema zu tun? Nun, nehmen wir als Beispiel eine ordinäre Mitleidsbekundung. – „Oh. Das tut mir so leid“. – Was passiert, wenn ich diesen Satz sage? Banal gesprochen wähle ich Worte, füge sie zu einem Satz zusammen und spreche sie aus. Dies ist eine bewusste Aktion. Ich habe mich bewusst entschieden, diesen Satz auszusprechen. Mit der einen oder anderen Absicht. Das ist einfach. Jedoch – was ist unmittelbar vorher geschehen? Was ist unterbewusst in mir geschehen? Ich spreche ja diesen Satz aus, weil ich soeben vielleicht eine mitleidserweckende Geschichte gehört oder ein Missgeschick gesehen habe, das ich kommentieren möchte. Ich habe also bereits auf gesendete Signale meines Gegenübers reagiert. Und damit hat sich in mir ein emotionaler Zustand eingestellt. Und das ist, wie eben vereinfacht dargestellt, vorerst unbewusst geschehen.
Nun ist es so, dass unser Unterbewusstsein in einer sehr engen und direkten Beziehung zu unserem Körper steht. Es gibt unwillkürliche, also nicht bewusst gesteuerte körperliche Symptome, die sozusagen als Sprachrohr des Unterbewussten agieren. In der Psychologie und Neurowissenschaft kennt man diese Zusammenhänge seit Langem. Solche Symptome können sein: Erhöhte Atemfrequenz bei Angst oder Beklemmung, aber auch bei Freude. Schweiß auf der Haut, erhöhte Körperspannung oder -entspannung, Weitung der Pupillen, Veränderung des Sprachtempos oder der Sprachmelodie, Zittern, Veränderung von Puls oder Blutdruck, etc.
Einige dieser hier genannten physischen Veränderungen sind bewusst wahrnehmbar, wie beispielsweise Schweiß auf der Haut oder das Sprechtempo. Bei anderen, wie dem Puls werden sie vielleicht sagen, dass Sie eine Veränderung nicht wahrnehmen können. Die Wissenschaft sagt hier: Doch können Sie. Und aus Erfahrung schließe ich mich dieser Einschätzung an. Nur – wir nehmen diese Dinge nicht bewusst wahr, sondern unbewusst, weil die Reize sehr unterschwellig sind, also ihre Ausprägungen unter einem bewusst wahrnehmbaren Niveau liegen.
Übrigens: Wenn Sie solch ein Signal bewusst wahrnehmen, dann hat Ihr Unterbewusstsein dieses bereits einige Zeit vorher unbewusst wahrgenommen. Wenn bewusst wahrgenommene Signale also auch bereits VORHER unbewusst wahrgenommen werden, können wir uns auch gleich auf die unbewusste, unmittelbare Reaktion konzentrieren.
Nehmen wir also an, Sie erzählen mir von einem Missgeschick. Meine Reaktion: Ehrliches Mitleid. Noch bevor ich dieses durch eine bewusste Aktion in Worte fassen kann, habe ich bereits unbewusst reagiert, die in mir ausgelöste Emotion hat sich unmittelbar in körperlichen Symptomen geäußert, und Ihr Unterbewusstsein hat diese wiederum unmittelbar dekodiert. Dies alles geschieht innerhalb von Millisekunden.
Meine im Nachgang gesprochenen Worte können nun zum unbewusst Erlebten passen – oder eben nicht. Im ersten Fall sprechen wir von kongruenten, im zweiten Fall von inkongruenten Signalen.
Sie sehen, wir können unser Unterbewusstsein nicht austricksen, wir können uns gegenseitig auch nichts vormachen. Was wir lediglich machen können – und es leider auch oft tun -, wir können diese Wirkweisen ausblenden durch permanente Oberflächlichkeit, Hektik, durch rationale Gedankenkarussels, usw. – also durch alles, was uns von der Welt unseres Unterbewusstseins ablenkt und unsere innere Verbindung zu ihm beeinträchtigt.
Es muss von Herzen kommen, was auf Herzen wirken soll. Dieser Satz ist nicht nur ein zwischenmenschlicher Appell an unsere Ehrlichkeit, sondern sogar neurowissenschaftlich und psychologisch erklärbar.
Bleiben Sie ehrlich und authentisch. Zu Ihren Mitmenschen, beruflich und privat, aber auch, und das ist ebenso wichtig, zu sich selbst.
Und: Bleiben Sie in gutem Kontakt mit Ihrem Unterbewusstsein. Hören Sie wieder mehr auf Ihre Intention! Sie ist eine gute Freundin. Wirklich!
Wenn Sie mehr über sich und Ihr eigenes Potenzial erfahren möchten, dann buchen Sie ein Coaching. Wir beraten fair, unverbindlich und kostenfrei.
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