„Das Leben besteht zu 10% aus dem, was geschieht, und zu 90% aus dem, wie ich darauf reagiere.“
(Charles Swindoll)
Wer unsere Weisheiten des Monats kennt, weiß, dass es hier nicht um Zahlen geht… Was bedeuten schon 10 oder 90 Prozent? Wer will das messen?
Lassen wir die genauen Zahlen mal beiseite und beschäftigen uns mit dem Kern dieser Weisheit.
Das Leben ist wie es ist. Die Dinge, die geschehen, haben an sich keinen Wert. Sie erhalten ihren Wert nur durch uns, durch unsere Betrachtung, durch unseren Blick auf die Sache, durch unsere Wahrnehmung und emotionale Reaktion. Und die fällt aufgrund individueller Filter von Mensch zu Mensch mitunter sehr unterschiedlich aus.
Ich denke da an einen preisgekrönten Kurzfilm, der das in unglaublich emotionaler und wirksamer Weise verdeutlicht.
Eine Schule. Irgendwo in einem ärmlichen Viertel. Jeden Morgen sitzen fast alle Schüler brav auf ihren Plätzen, bis auf einen Jungen, der immer wieder – jeden Tag – zu spät zum Unterricht kommt. Der Junge betritt den Unterrichtsraum, geht zum Lehrer, der bereits auf ihn wartet. Der Lehrer bedeutet dem Jungen, er solle seine Hand vorstrecken. Der Junge streckt mit gesenktem Kopf die Hand vor, scheinbar ahnend, was gleich geschieht. Es scheint sich hier um eine gewisse Routine zu handeln. Der Lehrer schlägt ihm mit einem Stab auf die Hand, rügt ihn und schickt ihn zu seinem Platz. Mit gesenktem Kopf und verstecktem Blick geht der Junge auf seinen Platz und setzt sich hin. Gedemütigt und traurig. Jeden Tag. Die Szene wiederholt sich und wird 3 mal gezeigt. Das Bild im Kopf des Betrachters formt und festigt sich. Ja, die Rüge des Lehrers ist zu streng. Schlagen geht nicht. Aber der Junge könnte doch irgendwann einmal pünktlich kommen…
Dann wieder Schnitt. Kulissenwechsel. Draußen auf der Straße. Der Lehrer kommt mit dem Fahrrad zur Schule, sein Blick schweift über die Straße und bleibt hängen. Der Lehrer bleibt stehen. Wo bleibt sein Blick hängen? Perspektivwechsel. Da ist dieser Junge, der immer zu spät kommt, und geht die Straße entlang. Er schiebt einen Rollstuhl. In diesem Rollstuhl sitzt ein anderer Junge, der schwer behindert ist und nicht gehen kann. Der Junge, der immer zu spät zur Schule kommt, schiebt den anderen Jungen in die Nachbarschule (übernimmt also eine eigentlich elterliche Aufgabe) und rennt dann hastig zu seiner eigenen Schule – und kommt wieder zu spät.
Der Lehrer, der das morgendliche Szenario nun zum ersten Mal gesehen hat, wartet wieder – wie jeden Morgen – auf den Jungen. Der Junge kommt in den Klassenraum, tritt vor, stellt sich mit gesenktem Kopf vor den Lehrer und streckt die Hand aus. Der Junge weiß nicht, dass der Lehrer ihn heute morgen beobachtet hat.
Schwenk auf den Lehrer. Er kniet vor dem Jungen hin, legt ihm behutsam den Stab in die Hand, mit dem er zuvor den Jungen geschlagen hat. Er nimmt ihn in den Arm und hat Tränen in den Augen. Demütig.
So wie ich, jedes Mal, wenn ich mir diesen Film wieder anschaue.
Wir liegen manchmal so falsch! Wir irren uns in unserer Bewertung der Dinge, nur weil wir bestimmte Dinge (Fakten, Hintergründe, Details) nicht wissen. Wir haben einen Blick auf die Dinge, der getrübt ist, der überlagert ist mit Vorannahmen, mit Mustern und Stempeln.
Es geht aber nicht immer um solche intensiven Themen wie in diesem Film. Wir können diese Erkenntnis auf alles im Leben übertragen.
Du kennst das auch. Ich kenne das auch. Es gibt eine Situation in meinem Leben, einen Umstand, eine Rahmenbedingung, eine Erfahrung, und ich gebe ihr den Stempel, die Bewertung „schlecht“.
Der Umstand, die Rahmenbedingung oder die Erfahrung ist aber nicht schlecht an ich. Ich empfinde sie vielleicht nur so. Ein Anderer empfindet das vielleicht entgegengesetzt.
„Ja, aber“ – darfst Du jetzt denken. Wenn jemand mir das Auto klaut oder ein mir sehr nahe stehender Mensch mich arg hintergeht und mir damit wirklich weh tut – wie kann ich das positiv umdeuten? Darum geht es doch, oder? Die Dinge in anderem Licht sehen. Reframing, wie es so schön heißt…
Nun, es besteht keine Verpflichtung, die Dinge in einem anderen Licht zusehen. Wenn mir jemand das Auto klaut, oder ein mir nahestehender Mensch mir weh tut, dann darf ich das als negativ empfinden und auch so bewerten. Ich darf. Ich muss aber nicht. Wenn ein Erlebnis negativ ist, dann, weil eine emotionale Reaktion darauf entstanden ist. Aber eine emotionale Reaktion entsteht nicht in der Sache an sich, sondern in MIR. In MEINER INNENWELT.
So einfach ist das. Was kann ich damit nun anfangen?
Wenn ich anerkenne, dass die emotionale Reaktion und damit die Bewertung des Erlebnisses aus mir selbst kommt, dann kann ich Türen öffnen. Ich darf es mir erlauben, vielleicht doch etwas Positives darin zu sehen. Yin und Yang. Mal wieder. Reframing. Das westliche Wort dafür.
Was ich mir angewöhnt habe – und mir hilft das sehr: Wenn ich ein Erlebnis, einen Lebensumstand als für mich negativ empfinde, dann öffne ich in meinen Gedanken die Frage: Wozu ist das jetzt gut? Was kann ich daraus lernen? Hilft mir dieses Erlebnis, eine bestimmte Entscheidung zu treffen?
An dieser Stelle eine wichtige Abgrenzung. Jeder darf anders darüber denken, aber ich persönlich halte nichts von Vorbestimmung. „Das musste jetzt so geschehen, weil…“ das ist nicht meine Weltsicht. Die Welt ist komplex. Das Leben ist unvorhersehbar. Die Dinge folgen nicht einem festen Plan. Sie geschehen einfach. Eine Vorherbestimmung würde auch dem Zitat widersprechen. Und eine Vorbestimmung wäre schade, dann welche Entscheidungsfreiheit, welche Handlungsspielräume hätte ich dann noch?
Das Leben besteht nicht überwiegend aus dem, was geschieht, sondern daraus, wie ich darauf reagiere.
Auch wenn die Erlebnisse, Situationen, Erfahrungen des Lebens schwierig, kompliziert oder gar schmerzlich sein können – allein die Erkenntnis, dass sie das nicht aus sich heraus sind, versetzt mich in die Lage, Frieden mit den Erlebnissen zu finden.
Wenn Du Dich im Reframing üben möchtest, wenn Du den Effekt erleben und erfahren möchtest, wenn Du schwierige Lebensthemen oder -fragen hast, für die Du Lösungen oder Antworten suchst – wir von MORITZ Consulting bieten Dir persönliche Coachings an, die Dich weiter bringen.
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Ansonsten wünschen wir Dir viel Erfolg und positive, erhellende Erkenntnisse in der Übung mit dieser Weisheit…
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