Die Bedeutung einer starken Unternehmenskultur, und warum diese eine zentrale Rolle in erfolgreichen Unternehmen spielt, haben wir bereits in einem separaten Beitrag thematisch bearbeitet.
In diesem Beitrag möchten wir ein weit verbreitetes und in der Praxis oftmals genutztes Modell vorstellen, mit welchem die bestehende Unternehmenskultur in den Organisationen nicht nur analysiert, sondern auch wichtige Erkenntnisse für das gemeinsame Miteinander und somit für den Führungsalltag abgeleitet werden können.
Das Eisbergmodell nach Edgar H. Schein
Das Eisbergmodell, entwickelt durch den Sozialwissenschaftler Edgar H. Schein, ist ein nützliches Instrument zum Verständnis und zur Analyse einer bestehenden Kultur für Ihr Unternehmen. Das von dem Organisationspsychologen entwickelte Modell unterteilt Unternehmenskultur und deren kulturellen Merkmale in sichtbare und unsichtbare Elemente, ähnlich wie bei einem Eisberg, der im Meer schwimmt. Die 1. Ebene (die sichtbaren Elemente oberhalb der Wasseroberfläche) der Unternehmenskultur, werden als Artefakte beschrieben. Sie stellen hierbei die Spitze des Eisbergs dar, zeigen sich u.a. im Verhalten der Mitarbeitenden, in der physischen Umgebung (d.h. den Unternehmensgebäuden und -räumen) aber auch anhand der Ziele und bestehenden Regeln und Normen.
Ähnlich wie bei einem Eisberg machen die Artefakte jedoch „nur“ einen Bruchteil dessen aus, was wir insgesamt als gelebte Unternehmenskultur verstehen. Denn in der Regel sehen wir max. 10 bis 20 Prozent der „wahren“ Größe des Eisbergs, nämlich den Anteil, der sich über der Wasseroberfläche befindet. 80 bis 90 Prozent der „Restmasse“ befindet sich unter der Wasseroberfläche und ist für uns somit nicht sofort zu erfassen. So verhält es sich auch mit der jeweiligen Unternehmenskultur.
Die 2. und 3. Ebene in diesem Konzept von Unternehmenskultur beschreiben die in den Unternehmen bestehenden bzw. gelebten Werte und die sogenannten grundlegenden Basisannahmen. Man kann auch von dem im Unternehmen bzw. bei den beteiligten Personen vorherrschenden Menschenbild sprechen.
Quelle: eigne Darstellung, MORITZ Consulting UG
Entstehung von Unternehmenskultur: Die Muster von Grundannahmen verstehen
Was Unternehmenskultur überhaupt ist und wie sie definiert wird – diesen Fragen haben wir uns ebenso in jeweils eigenen Beiträgen genähert und versucht diese zu beantworten.
Sie haben diese Beiträge nicht gelesen?
Kein Problem, hier fasse ich die Kernaussagen gerne kurz zusammen.
Für das Phänomen Unternehmenskultur spielen gelebte Werte eine wichtige Rolle. Gemeinsame Werte definieren, ob bestimmte Verhaltensweisen anerkannt bzw. als richtig bewertet werden und mit welchem Verhalten ich gegen bestehende Normen verstoße. Aus diesem Grund definieren die verschiedenen Unternehmen grundlegende Werte für sich und ihre Mitarbeitenden, um bestimmte Verhaltensweisen zu „erzielen“ und im Idealfall eine kollektive Identität aufzubauen.
Für langfristigen Unternehmenserfolg ist die Auseinandersetzung bzw. der Diskurs über gemeinsam geteilte Werte jedoch nicht ausreichend, und als Unternehmen müssen sie sprichwörtlich tiefer gehen.
Damit Sie von einer starken (oder auch widerstandsfähigen) Kultur in Ihrem Unternehmen sprechen können, ist es aus unserer Sicht wichtig, dass die Belange des Einzelnen und die Belange des Unternehmens zueinander passen bzw. sich aneinander anpassen.
Was will ich damit sagen?
Jedes Unternehmen hat gewisse Aufgaben, die es selbst nicht eigenständig lösen kann oder möchte. Aus diesem Grund sucht es hierfür geeignete Experten, damit diese Aufgaben ausgeführt bzw. erledigt werden. Jede / Jeder Einzelne von uns hat gewisse Kompetenzen, Know-How, Erfahrungen bzw. Dinge, welche jede*r gerne tut. Damit wir als Individuum unser Leben so gestalten können, wie wir es gerne möchten, benötigen wir in der Regel ein Einkommen. Und hier treffen die beiden Welten Individuum (Person) und Unternehmen (Organisation) aufeinander und vereinigen sich in der jeweiligen Rolle, welche ich in der Organisation ausfülle / einnehme.
Aus welchem Grund ist das wichtig für das Konzept von Unternehmenskultur?
Das ist von Bedeutung, weil sich hinter dem Begriff oder dem Phänomen Unternehmenskultur sich die Gesamtheit der gemeinsamen Werte, Überzeugungen, Bräuche, Praktiken und sozialen Verhaltensweisen, die eine Organisation kennzeichnen, verstecken. Die bestehende Unternehmenskultur umfasst die Überzeugungen und Werte, die das Unternehmen vertritt, sowie die Normen und Bräuche, die es befolgt. Die Unternehmenskultur wird von uns somit auch als Seele einer Organisation bezeichnet.
Führung als Katalysator von Unternehmenskultur.
Jetzt werden Sie sich wohl fragen, warum wir den Begriff „Seele“ verwenden, oder aber vielleicht finden Sie den Begriff sogar unpassend. Gerne gehe ich hierauf ein und erkläre unseren Standpunkt genauer…
Eine Kultur ist nicht einfach „nur“ da und sofort zu erkennen. Sie können sie nicht einfach und sofort begreifen, sobald sie die Unternehmensräume betreten.
„Leben ist Erleben.“
Wie alles im Leben können Sie eine Kultur nur dann verstehen und erfahren, wenn Sie Teil dieser werden oder bereits sind. Konkret heißt das, Sie können die Kultur nur durch und in der Tätigkeit erleben und erfahren – im gemeinsamen Austausch und Tun mit den Beteiligten. Und das benötigt Zeit und gemeinsame Räume hierfür. Wie wir bei unseren Unternehmenskulturanalysen vorgehen, können Sie in diesem Beitrag lesen.
Denn es handelt sich bei der eigenen Unternehmenskultur um weit mehr als generelles Verhalten von einzelnen Mitarbeitenden.
Kultur wird erfahrbar dadurch, wie sich die Mitarbeitenden auf den Fluren bewegen, mit wem sie über was an der Kaffeemaschine oder in der Raucherpause sprechen oder auch darin wer in einem Meeting immer das erste oder sprichwörtlich letzte Wort hat.
Oftmals werden in Unternehmen groß angelegte Change- und / oder Transformationsprozesse aufgelegt und zwar mit einem Ziel: kultureller Wandel. Diese Unternehmen haben sich vorgenommen, entsprechende Prozesse zu definieren, wie Kultur gestaltet werden und aussehen soll. Sie möchten dadurch einen stärkeren Einfluss oder besser gesagt einen direkten Einfluss auf das Verhalten ihrer Mitarbeitenden nehmen.
Solche Prozesse bzw. Vorgehensweise sind regelrecht Gift für die Entwicklung einer kollektiven Identität und somit einer starken Unternehmenskultur.
Bei Kulturentwicklung handelt es sich, aus unserer Sicht, um einen gemeinschaftlichen Prozess des Miteinanders und zwar dahingehend, die Kultur täglich neu zu gestalten und weiterzuentwickeln. Nur so können Merkmale der bisherigen Unternehmenskultur hinterfragt, überprüft, beibehalten oder aber weiterentwickelt bzw. abgeschafft werden.
Und damit das geschehen kann benötigt es Führung!
Wenn ich in diesem Zusammenhang über Führung spreche, meine ich damit nicht die Führung von irgendwelchen internen Prozessen oder Interventionen im Rahmen der Arbeitsalltags und somit der Operative. Mit dem Begriff Führung umschreibe ich die Sicherstellung eines gemeinsamen Rahmens unter Einhaltung gemeinsam vereinbarter Prinzipien (oder auch Verhaltensweisen und Regeln) mit dem Ziel das Jede*r einen Beitrag für das Bestehen der gesamten Organisation leisten kann.
You manage things, you lead people.
Admiral Grace Murray Hopper
Erfolg durch Unternehmenskultur? Darauf gilt es zu achten!
Zusammengefasst lässt sich zum Eisbergmodell von Edgar H. Schein sagen, dass es ein nützliches Instrument zur Analyse der bestehenden Kultur im Unternehmen ist und auf Basis der Erkenntnisse verschiedene Maßnamen kulturellen Wandels eingeleitet werden können.
Doch viel wichtiger als die Arbeit mit dem Modell ist für mich persönlich das Verständnis dafür, dass eine starke und gelebte Unternehmenskultur ein Ergebnis gelungener Führung ist.
Warum?
- Unternehmenskultur sorgt für Orientierung.
- Unternehmenskultur ermöglicht Sinn-Erleben.
- Unternehmenskultur kann ein Identifikationsmoment sein (Verhältnis Mitarbeitende zur Organisation).
Sie können noch so viele Boni ausschütten und bestmöglich durchdachte Kulturwandelprojekte aufsetzen. Wenn ihre Führungskräfte (bzw. die Menschen in Ihrem Unternehmen, die Führungsverantwortung übernehmen) nicht die Werte vorleben, für die SIE als Unternehmen einstehen wollen, sind sie nicht authentisch. Und das merken nicht nur Ihre Mitarbeitenden.
Damit eine kollektive Identität erreicht wird und Menschen Ihnen folgen, müssen Sie VOR-BILD sein. Wenn Sie nicht nur über Ihre Unternehmenswerte sprechen, sondern sie aktiv leben – im Englischen sagt man so schön „walk the talk“ – dann kann Führung als Katalysator im positiven Sinne funktionieren und dazu führen, dass aus einem Phänomen eine starke Unternehmenskultur erwächst, bei der die Belange des Unternehmens und die Belange der einzelnen Personen zueinander passen. Und dann ist Vieles und Großes möglich!
BELIEBTE FRAGEN ZUM THEMA (FAQ):
Was versteht man unter Kulturwandel?
Unter Kulturwandel versteht man einen Prozess, die im Unternehmen vorherrschenden (bewussten und unbewussten) Handlungs- und Denkmuster zu verändern. Dieser Prozess wird oftmals durch externe Berater begleitet und dauert über einen längeren Zeitraum (oftmals mehrere Jahre).
Was ist Kultur im Unternehmen?
Die Kultur eines Unternehmens ist Ausdruck dessen, welche Einstellungen und Werte im Unternehmen vorherrschend sind und (vor-) gelebt werden. Kultur ist hierbei nicht als etwas Künstliches zu verstehen, sondern zeigt sich durch das Verhalten aller Beteiligten im Alltag (wie z.B. das Verhalten an der Kaffeemaschine, im Flur oder in den Pausen).
Wie gelingt Kulturwandel?
Kulturwandel kann immer dann gelingen, wenn der Prozess von allen Beteiligten ernst genommen wird und nicht als Marketingkampagne verstanden wird. Aus diesem Grund kommt es für einen erfolgreichen Kulturwandel immer auf die oberste Führungsetage an, welche den Prozess nicht wegdelegieren kann, sondern aktiv selbst steuern muss.
Was ist für eine Unternehmenskultur wichtig?
Um eine “positive” Unternehmenskultur entstehen zu lassen, ist es wichtig und entscheidend, dass jeder Einzelne sich mit seinen jeweiligen Interessen, Leidenschaften, Hobbies und Neigungen in den Unternehmensalltag einbringen und zeigen kann. Dadurch kann das gesamte Potenzial eines jeden Einzelnen erschöpft werden und dieser einen wertvollen Beitrag zum Erfolg des gesamten Unternehmens leisten.
Wann ist eine Unternehmenskultur wirksam?
Eine Unternehmenskultur ist dann wirksam, wenn die Anforderungen und Belange des Unternehmens im Einklang mit den Erwartungen und Interessen des Einzelnen stehen.
Was ist unter Organisations- und Unternehmenskultur zu verstehen?
Die Organisations- oder Unternehmenskultur beschreibt die Verhaltens- und Denkmuster, welche sich im Alltag bei jedem Einzelnen zeigen. Oftmals sind diese Verhaltens- und Denkmuster nicht festgeschrieben, sondern zeigen den realen Unternehmensalltag auf.
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