Einführung in die systemische Organisationsberatung: Was ist das?

Systemische Organisationsberatung? Bisher habe ich im Zusammenhang mit dem Thema Organisationsberatung darüber geschrieben welches Grundverständnis (und welche Theorie) diesem Ansatz zugrunde liegt, wie Theorie und Praxis zusammenwirken und welche Methoden und Techniken Voraussetzung dafür sind um als Organisationsberater wirksam zu agieren.

Dieser Beitrag befasst sich damit welche Brillen ein systemisch arbeitender Organisationsberater aufsetzen kann und welche Auswirkungen das für den Beratungsprozess und die Klientenbeziehung hat.

Das Grundgerüst der Beratung – im Dreischritt; als Basis für die systemische Organisationsberatung

Wirksamkeit ist eines der grundlegenden Ziele eines Organisationsberaters. Im Falle der Beziehung Berater – Klient bedeutet das, dass der Klient in die Lage versetzt wird seine eigene Perspektive zu verändern. Hierfür gibt es für einen Berater eine überaus wirksame Methode und Vorgehensweise, den systemischen Dreischritt. Durch den Prozess des Beobachtens/Beschreibens – Erkennens – Bewertens ist es dem Klienten möglich sein eigenes Verhalten bewusst zu erleben. Das ist insbesondere dahingehend wichtig und entscheidend, da wir Menschen im Spüren Dinge verarbeiten und somit auch reflektieren. Grundvoraussetzungen für Veränderung.

In einem Beratungsgespräch heißt das für einen Organisationsberater konkret, dass er folgende Vorgehensweise beachten sollte:

  1. Beobachtung/Beschreibung: Was habe ich gesehen/beobachtet?
  2. Erkennen (=Hypothesenbildung): Wie deute ich meine Wahrnehmung?
  3. Bewertung (=Lösungsideen): Welche Interventionsansätze gibt es bzw. sind möglich?

Damit wir uns an dieser Stelle nicht falsch verstehen. Mit den Schritten 2 und 3 sind in keinem Fall Lösungsideen (inhaltlich) von Seiten des Beraters gemeint, sondern vielmehr geht es darum den Klienten dabei zu unterstützen seine bisherigen bestehenden Hypothesen zu hinterfragen und zu prüfen. Das geschieht durch (Nach-)Fragen und Aktives Zuhören.

„Man kann einen Menschen nichts lehren. Man kann ihm nur helfen, es in sich selbst zu finden!“

 

Galileo Galilei

In diesem Zusammenhang gilt es für den Berater bei der Hypothesenbildung zu prüfen wie die weiteren Schritte aussehen sollen. Hierfür gilt es für ihn demnach nach zwei Kriterien zu unterscheiden. Möchte ich mit der Hypothese anschlussfähig sein oder ist die Hypothese aussichtsreich darauf eine Veränderung der Perspektive des Klienten zu erreichen. Das Ziel eines jeden Beraters ist es gemeinsam mit dem Klienten aussichtsreiche Hypothesen zu bilden um somit wirksame weitere Schritte (Lösungsideen) entwickeln zu können.

 

Einführung in die systemische Organisationsberatung

Durch die gemeinsame Zusammenarbeit zwischen Berater und Klient(en) entsteht ein neues System – das Beratungssystem. In diesem System gestalten beide Seiten aktiv mit.

Der Berater in seiner Funktion als Supervisor hat in allererster Linie die Aufgabe dorthin zu schauen wo der Fokus im Unternehmen, in der Abteilung oder im Team liegt. Aufgrund dessen, dass der Klient Teil des zu betrachtenden Systems ist gibt es in jedem Fall einer Beobachtung einen blinden Fleck (Johari Fenster). Hierbei handelt es sich um Verhaltensweisen und -muster, welche unserem Klienten nicht bekannt sind, für einen außenstehenden Dritten jedoch zu beobachten und somit erkennbar sind. Diese mit in den Erkenntnisprozess einzubeziehen ist eine der zentralen Organisationsberater Aufgaben.

 

Systemische Organisationsberatung: 4 Brillen für den Berater

Im Rahmen seiner Beobachtungen kann der Berater 4 unterschiedliche Brillen aufsetzen um die vorherrschenden Kommunikations- und Interaktionsmuster zu betrachten. Dies gilt auch und gerade im Rahmen der systemischen Organisationsberatung

Personen-Brille: Durch diese Brille wird der Fokus auf die Kompetenzen, Motive, Meinungen, Muster oder aber Eigenschaften des Klienten gelegt. Diesbezüglich handelt es sich um Personenzuschreibung und der Berater arbeitet, wenn man so möchte am psychischen System des Klienten. Als Folge dessen kann mit dem Klienten in Coachings und Trainings im weiteren Beratungsprozess an den genannten Punkten gearbeitet werden.

Interaktionsbrille: In dieser Brille schaut sich der Organisationsberater beiläufige oder aber aufeinanderfolgende Kommunikationsmuster an. Das kann z.B. die Interaktion zwischen zwei oder mehreren Personen sein. Weitere Formen der Zusammenarbeit können dann Moderation oder Mediation sein.

Gruppenbrille: Durch das Aufsetzen der Gruppenbrille rücken Dinge wie Rollen, Zugehörigkeit, Macht und Vertrauen innerhalb einer Gruppe von Personen in den Fokus der Betrachtungen eines Beraters. In der Folge ist es somit möglich an der Gruppendynamik zu arbeiten, was oftmals als Teamentwicklung* beschrieben wird.

*Teamentwicklung ist in diesem Zusammenhang nicht der passende Ausdruck, da es sich bei Gruppen zunächst einmal um eine Ansammlung von Personen handelt, welche nicht unbedingt ein gleiches Ziel verfolgen. Ein Team ist somit eine Sonderform einer Gruppe und zwar in der Hinsicht, dass es einen organisatorischen Auftrag und somit ein gleiches Ziel gibt, welches verfolgt wird.

Organisationsbrille: Der Fokus ist darauf gerichtet organisatorische Probleme bzw. Probleme der Organisationen zu lösen; Entscheidungen, Strukturen, Prozesse und Strategien genauer zu betrachten. Diesbezüglich stellt sich immer die Frage: „Woraus erklärt sich das Verhalten? Und wo setze ich als Berater an?“ Das sind typische Fragen aus dem Bereich der Organisationsentwicklung.

Mit der Interaktions-, Gruppen- und Organisationsbrille schaut sich der Berater das jeweilige soziale System an.

 

Systemische Organisationsberatung – Das gilt es zu beachten

Nach wie vor ist es für den Berater und die Bewertung seiner Arbeit wichtig inwiefern er es schafft wirksam Veränderungen herbeizuführen und diese im weiteren Beratungsprozess zu begleiten und unterstützen. Dabei gilt es zu beachten, dass Veränderungen entweder am oder im System vorgenommen werden können. Diesbezüglich ist es für den Berater und damit für die Erfolgschancen des Projektes wichtig, dass er mit den Personen zusammenarbeitet, die den Problemlöseprozess verantworten. Das sind in der Regel in der Managementsprache die „Entscheider“, wie z.B. Geschäftsführer, Inhaber oder Vorstände und Aufsichtsräte.

Mit Veränderungen am System sind strukturelle, organisatorische oder prozesshafte Veränderungen gemeint. Im System arbeitet man als Berater immer dann, wenn etwas direkt in einem System angesprochen wird.

Oftmals wird Beratern unterstellt das sie viel Geld kosten und letzten Endes die Zeit aller am Prozess bzw. Projekt beteiligten Personen „verschwendet“ haben. Also stellt sich die Frage wie ein Berater Erfolg oder besser gesagt Wirksamkeit definiert.

Die Antwort hierauf ist recht einfach: Der Marker der Veränderung – und somit auch für Erfolg bzw. Wirksamkeit – ist, dass sich Muster verändern. Diese können entweder quantitativ oder qualitativ „bewertet“, ich bevorzuge den Ausdruck beschrieben, werden. Doch auch hier kommt es wieder darauf an welche Brille man aufgesetzt hat.

Also, wann setzen Sie mal wieder eine neue Brille auf?

2 Comments

  1. Andreas Lampe

    Gute Einführung in die systemische Organisationsberatung. Es stimmt, dass dieser Berater nur eben Hinweise gibt, die richtigen Veränderung an den Prozessen muss wirklich die Unternehmung selbst durchführen. Wir wollen auch bei unserer Firma ein Business Coaching durchführen lassen, deshalb recherchiere ich gerade zu dem Thema.

  2. MORITZ Consulting

    Guten Morgen Herr Lampe,

    vielen Dank für Ihr Feedback. Damit Veränderung erfolgreich geschehen kann braucht es auf jeden Fall den Willen, und dieser muss, wie Sie richtig schreiben, aus dem Unternehmen selbst kommen. Von außen aufgedrückte Veränderungsprozesse sind in den seltensten Fällen von Erfolg gekrönt. Wir wünschen Ihnen viel Erfolg für Ihr Veränderungsvorhaben.

    Freundliche Grüße aus Potsdam.

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Paul-Philipp Moritz

Wirtschaftspsychologe, Strategie- und Organisationsberater

„Habe Mut, dich deines eigenen Verstandes zu bedienen!“
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