In meinem letzten Beitrag, habe ich Ihnen bereits einen Einblick in die Anwendung der Kulturpsychologie im Kontext der Organisationsberatung beschrieben. Es ging darum, wie wichtig es ist, die „Dinge“ (wir Psychologen sprechen von Phänomenen) in ihren Zusammenhängen zu betrachten und nicht isoliert voneinander.
Ein kurzer Rückblick: Phänomene, Zusammenhang & Kultur
Wo zeigen sich die Phänomene in einem Unternehmen?
Die Phänomene zeigen sich in der Unternehmenskultur, welche ihren Ausdruck beispielsweise in Meetings, im Führungsstil oder aber auch in vermeintlich banalen Kaffeepausen findet. All diese Situationen können als „Bühne“ der Unternehmenskultur verstanden werden, da sie somit für den aufmerksamen „Zuschauer“ sichtbar und greifbar wird.
Denn nur anhand dieser Herangehensweise (Betrachtung der Zusammenhänge), ist es uns möglich, ein tiefergehendes Verständnis einer Unternehmenskultur oder Veränderungsprozessen und dem damit verbundenem Wissen, „WIE“ in einem Unternehmen zusammengearbeitet wird, zu erlangen. Dies ist die Grundlage der ganzheitlichen und nachhaltigen Beratung unserer Kunden, wie ich sie in der MORITZ Consulting kennen gelernt habe und selbst praktizieren darf. Diese Art der Beratung, dient in erster Linie dazu, im Unternehmen vorherrschende (Kommunikations-) Muster aufzudecken, und für den Kunden erfahrbar sowie verständlich zu machen.
Doch wie schaffen wir in der MORITZ Consulting dieses tiefergehende Verständnis herzustellen und was ist damit überhaupt gemeint? Diese Fragen werde ich Ihnen innerhalb dieses Beitrags beantworten.
Das Tiefeninterview – Die Methode
Das Tiefeninterview ist unsere Methode, um den Unternehmensalltag und somit auch die Unternehmenskultur oder Veränderungsprozesse von unseren Kunden zu „verstehen“ und zu analysieren. Diese Form des Interviews dauert in der Regel zwischen 1,5 – 2 Stunden. Wir, als Interviewer, tauchen während dieser Zeit „tief“ in den beruflichen Alltag unseres Interviewpartners ein. Das Tiefeninterview wird auch Intensivinterview genannt. Das Wort „intensiv“ beschreibt es, meiner Meinung nach, sehr gut. Denn diese gemeinsame „Reise“, wird von den Interviewpartnern und oftmals auch von mir selbst – als Interviewer – als durchaus anstrengend und intensiv empfunden.
Tiefeninterview: Die Kennzeichen
Das erste Kennzeichen ist die Flexibilität von Seiten des Interviewers.
Ich, als Interviewer, bin nicht an eine feste Reihenfolge von vorgegebenen Fragen gebunden. Das ermöglicht mir, mich flexibel bzw. dynamisch innerhalb des Interviews mit meinem Interviewpartner und seinen Themen, welche ihn bewegen, mitzubewegen und dementsprechend auf meinen Interviewpartner einzugehen. Was mir als Interviewer Halt und Orientierung bietet, ist ein offener Leitfaden bzw. ein Themenkatalog. Dieser ist individuell auf das jeweilige Thema und den Kunden ausgerichtet.
Dadurch hat einerseits mein Gegenüber die Möglichkeit, inhaltliche Schwerpunkte selbst zu setzen, und zum anderen kann ich als Interviewer auch auf solche Themen eingehen, welche sich erst im Gesprächsverlauf ergeben.
Dies ist schon der erste entscheidende Faktor, welcher uns als Berater, das erwähnte tiefergehende Verständnis, über die Unternehmenskultur unseres Kunden, ermöglicht.
Tiefeninterview: Weitere Kennzeichen für ein zusammenhängendes Verständnis
Emotionalität: Die angenehme, entspannte Gesprächsatmosphäre und die wertschätzende Haltung des Interviewers ermöglichen dem Befragten, eigene Emotionen, wie auch unangenehme oder vermeintlich sozial unerwünschte Aspekte anzusprechen. Alle Interviews werden anonymisiert und vertraulich behandelt. Der dadurch entstehende sichere Rahmen, welcher das Tiefeninterview umgibt, bietet dem Interviewten den Raum, sich einmal einen „Schritt“ raus aus dem operativem Geschäft und dem Unternehmensalltag zu bewegen, was oftmals einen für nicht möglich gehaltenen Perspektivwechsel ermöglicht. Dieser veränderte und oftmals für den Interviewten neue Blickwinkel lässt es zu, sich mit beispielsweise der Frage auseinander zu setzen: Wie geht es mir in bzw. mit meiner Arbeit? Und warum ist das so?
Aufgabe des Interviewers ist es hierbei, den Interviewten ins detaillierte Beschreiben seines Arbeitsalltags zu bringen. Innerhalb dieser Beschreibungen, wird das Gesagte seitens des Interviewten, nochmals durchdacht und verarbeitet. Dieser Prozess bewirkt bei dem Interviewten und dem Interviewer ein tiefergehendes Verständnis für den jeweiligen Sachverhalt (Zusammenhang).
Erkenntnistiefe: Mit Hilfe projektiver oder assoziativer Fragetechniken bekommt der Interviewer auch Zugang zu schwer verbalisierbaren und nicht unmittelbar bewussten Einstellungen (Sichtweisen, Denkweisen) und Bedürfnissen des Befragten und kann diese gemeinsam mit ihm reflektieren. Die Gespräche werden in der Regel aufgezeichnet, inhaltsanalytisch ausgewertet und interpretiert.
Hierbei arbeiten wir nach dem Ansatz der morphologischen Psychologie. Dieser Ansatz der Psychologie bietet uns ein Modell (6-Eck), welches unbewusste Prozesse und Alltagsphänomene (Wie wird in einem Unternehmen zusammengearbeitet/ kommuniziert?) erfahrbar werden und die unterschiedlichen Zusammenhänge verstehen und erklären lässt.
Bewusstsein schafft Stabilität
Der besondere Mehrwert dieser, unserer Arbeitsweise besteht darin, dass die unbewussten Prozesse, welche eine Unternehmenskultur oder auch Veränderungsprozesse in einem Unternehmen entscheidend beeinflussen, dem Interviewpartner (und damit auch allen am Prozess / Projekt Beteiligten) bewusst werden. Somit kann aus einer „undurchsichtigen“ und oftmals als unkontrollierbar wahrgenommenen Unternehmenskultur, ein klares Instrument zur Unterstützung der Strategie und Umsetzung der Ziele des Unternehmens gewandelt werden.
Aufgrund der Flexibilität des Tiefeninterviews, ist diese Erfahrung für mich jedes Mal ein hoch spannender Prozess.
Wie nun die weitere Arbeit mit den gewonnenen Erkenntnissen aus den Tiefeninterviews aussieht, zeige ich Ihnen in meinem nächsten Beitrag zum hoch interessanten Thema der Unternehmenskulturanalyse. Hierbei lernen Sie anhand von anschaulichen Praxisbeispielen unser konkretes Vorgehen sowie dessen Mehrwert für Ihr Unternehmen kennen.
Beste Grüße,
Ihr Werkstudent Moritz
BELIEBTE FRAGEN ZUM THEMA (FAQ):
Was kann man mit Wirtschaftspsychologie machen?
Ein Wirtschaftspsychologe ist durch sein Studium dazu ausgebildet und in der Lage in Organisationen vorherrschende bewusste und unbewusste Verhaltensmuster von bestimmten Personengruppen zu beobachten, zu analysieren und „auszuwerten“.
Anwendungsfelder können u.a. sein:
– Strategie- & Organisationsberatung
– Unternehmensberatung
– HR-Wesen
– Marktforschung
Was ist Wirtschaftspsychologie einfach erklärt?
Im Fokus der Wirtschaftspsychologie steht das Erleben und Verhalten von einzelnen Menschen (Individuen) und Gruppen in einem ökonomischen (wirtschaftlichen) Kontext. Der Wirtschaftspsychologie geht es nicht darum Ursache-Wirkungs-Verhältnisse aufzuzeigen. Vielmehr ist es ihr Ziel zu erklären und aufzudecken wie bewusste und unbewusste Denk- und Verhaltensmuster uns in sozialen Zusammenhängen prägen und agieren lassen.
Wie gefragt sind Wirtschaftspsychologen?
Aufgrund der Erkenntnis, dass die bisherige Art und Weise des Wirtschaftens an Grenzen stößt und zunehmend erkannt wird, dass es nicht nur um Profit und unendliches Wachstum geht, steht zunehmend der Menschen mit seinem Erleben und Verhalten im Mittelpunkt. Aus diesem Grund werden Wirtschaftspsychologen vermehrt in Unternehmen eingesetzt, um bestehende Strukturen und Prozesse, aber auch die vorherrschende Kultur, zu hinterfragen, um auf den daraus resultierenden Erkenntnissen Veränderungen anzustoßen.
Der Beruf des Wirtschaftspsychologen ist unserer Meinung nach einer der „Zukunftsjobs“ mit sehr guten Perspektiven.
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